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Aktionstag gegen Glücksspielsucht 2022

Thema: Kinder aus glücksspielsuchtbelasteten Familien

 

Am 28. September 2022 findet der Bundesweite Aktionstag gegen Glücksspielsucht statt. An diesem Tag wollen Akteur*innen aus betroffenen Handlungsfeldern auf die Gefahren des Glücksspielens hinweisen. Im Land Brandenburg widmet sich der Aktionstag in diesem Jahr insbesondere dem Thema "Kinder aus glücksspielbelasteten Familien."

Eine Übersicht der geplanten Aktionen in den Regionen finden Sie hier.
Die BLS führt zum Aktionstag die kostenfreie Online-Veranstaltung Verzockt?  Glücksspiele, Glücksspielsucht und Beratung in Brandenburg durch, die sich an Fachkräfte aus unterschiedlichen sozialpädagogischen Arbeitsfeldern richtet.

Außerdem haben wir Ihnen auf dieser Seite Hintergrundinformationen zum Thema Glücksspielsucht zusammengestellt:

Gebündelte Informationen zum Thema Glücksspiel im Land Brandenburg finden Sie außerdem in unserem Faktenblatt.

Glücksspielsucht – Daten und Fakten

Pathologisches Glücksspielen ist eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung.

Der Glücksspielsurvey 2021 des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung ISD ergab, bezogen auf die deutsche Bevölkerung im Alter von 18 - 70 Jahren, dass bei 2,3 Prozent eine Störung durch Glücksspielen erkennbar ist. Entsprechend liegt der Bevölkerungsanteil in dieser Altersgruppe mit einer Glücksspielstörung

  • mit leichtem Schweregrad bei 1,1 Prozent (ca. 600.000 Personen)
  • mit mittlerem Schweregrad bei 0,7 Prozent (ca. 400.000 Personen)
  • mit schwerem Schweregrad bei 0,5 Prozent (ca. 300.000 Personen)

Expert*innen vermuten eine hohe Dunkelziffer, denn Betroffene können ihr Glücksspielverhalten häufig über einen sehr langen Zeitraum vor ihren Mitmenschen geheim halten. Es ist – im Gegensatz zu stoffgebundenen Süchten - nach außen hin nicht durch körperliche Anzeichen erkennbar.

Faktenblatt: Glücksspiel im Land Brandenburg

Hier haben wir Zahlen und Fakten sowie Hintergrundinformationen zum Thema  Glücksspiele / Glücksspielsucht im Land Brandenburg zuammengestellt.

Welche Glücksspiele haben ein besonders hohes Suchtpotenzial?

Nach Auskunft der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) spielten unter den Klient*innen von Suchtberatungsstellen mit Hauptdiagnose Pathologisches Glücksspielen im Jahr 2020 bundesweit

  • 54,4 Prozent an Geldspielautomaten in Spielhallen
    (2019: 62,8 Prozent),
  • 6,4  Prozent an Geldspielautomaten in Gaststätten
    (2019: 8,0 Prozent),
  • 5,7 Prozent in Wettvermittlungsstellen.
    (2019: 5,7 Prozent).

Darüber hinaus spielten die Hilfesuchenden zunehmend im Internet:

  • 7,3 Prozent nutzten Online-Sportwettangebote
    (2019: 5,6 Prozent),
  • 11,2 Prozent spielten Online-Automatenspiele
    (2019: 6,4 Prozent),
  • 5,8 Prozent nutzten Online-Casinospiele mit Ausnahme von Poker
    (2019: 3,5 Prozent) (2)
Folgen von Glücksspielsucht

Persönliche Folgen

Folgen der Glücksspielsucht sind häufig

  • finanzieller Ruin der Betroffenen,
  • der Verlust des Arbeitsplatzes,
  • Straffälligkeit,
  • die Vernachlässigung sozialer Beziehungen und Verpflichtungen,
  • sowie psychische Krisen, die z.T. mit weiteren stoffgebundenen Abhängigkeiten einhergehen.

Gesellschaftliche Folgen

Die direkten sozialen Kosten, die in Deutschland durch das pathologische Glücksspiel verursacht werden, belaufen sich nach einer Schätzung der Universität Hohenheim jährlich auf über 152 Millionen Euro. Sie umfassen unter anderem die Kosten für

  • ambulante und stationäre Behandlung,
  • Schuldnerberatung,
  • Strafverfolgung etc.

Auswirkungen auf das soziale Umfeld


Wie bei anderen Abhängigkeitserkrankungen wird beim pathologischen Glücksspielen das unmittelbare soziale Umfeld in Mitleidenschaft gezogen. Angehörige von glücksspielsüchtigen Menschen sind durch die genannten Konsequenzen – insbesondere auch durch hohe finanzielle Verluste und Überschuldung oft psychisch im gleichen oder sogar in gravierenderem Maße belastet als die Betroffenen selbst.

Kinder aus glücksspielsuchtbelasteten Familien

Aktuelle Zahlen zu Kindern aus glücksspielsuchtbelasteten Familien sind in Deutschland kaum vorhanden, und bisher gibt es kaum Forschungsergebnisse hinsichtlich der besonderen Belastungen und Bedarfe von Kindern von pathologischen Glücksspieler*innen. Nach Ergebnissen der Studie „Kinder aus glücksspielsuchtbelasteten Familien – Situation, Folgen, Hilfen“ der Katholischen Hochschule NRW sind Kinder aus glücksspielsuchtbelasteten Familien eine mehrfachbelastete Personengruppe.

Im Ergebnisbericht zur Studie (2021) heißt es:

„Anhand der vorliegenden Ergebnisse lassen sich die elterliche Glücksspielsucht und deren direkten und indirekten Auswirkungen als emotional, sozial, psychisch und finanziell belastend, beziehungsschädigend, hinsichtlich der Familie destabilisierend und der Kinder entwicklungshemmend einschätzen. Die jugendlichen und jungen erwachsenen Kinder pathologischer Glücksspieler sind oft schon früh und überdurchschnittlich häufig dem elterlichen sowie eigenem Glücksspiel exponiert, sind selbst stärker suchtgefährdet und zeigen eine hohe psychische und psychosoziale Belastung, unter anderem auch hinsichtlich erlebter Ausgrenzung und Stigmatisierung. Es zeigt sich eine große familiäre Tabuisierung der Glücksspielproblematik, große und spezifisch familienorientierte Hilfebedarfe und eine geringe Inanspruchnahme von Hilfsangeboten.“

Die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht in Bayern hat in Kooperation mit dem Präventionsprojekt Glücksspiel Berlin das Kinderbuch „Mein Papa, die Unglücksspiele und ich“ herausgegeben. Es steht als kostenfreier Download zur Verfügung und ist voraussichtlich Ende Oktober 2022 als Druckfassung erhältlich.

Kinder aus suchtbelasteten Familien sind auch Hauptschwerpunkt des BLS-Projekts selbstbestimmt - Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Website www.selbstbestimmt-brandenburg.de.

 

Mädchen mit Zöpfen schaut über die Schulter eines Erwachsenen und hat den Arm um ihn gelegt.

Beratung in Brandenburg

Für Betroffene und Angehörige in Brandenburg stehen in den Beratungsstellen des Netzwerkes Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel im Land Brandenburg speziell für Glücksspielsucht qualifizierte Ansprechpartner*innen zur Verfügung.

Die Kontaktdaten dieser Beratungsstellen finden Sie hier.

Das Angebot der Einrichtungen umfasst unter anderem:

  • Beratung und Behandlung von Menschen mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten und ihren Angehörigen (Einzel-, Paar- und Gruppengespräche) 
  • Vermittlung nach Bedarf:
    • in ambulante und stationäre therapeutische Angebote
    • in Selbsthilfegruppen
    • in ergänzende Beratungsangebote (z.B. Schuldnerberatung)
    • Informations- und Präventionsveranstaltungen zum Thema Glücksspielsucht
  • Ambulante Nachsorge
  • Unterstützung bei der Beantragung einer Spielersperre
  • Informationsgespräche und -veranstaltungen zum Thema Glücksspielsucht
Stop-Schild

Die Spielersperre

Die Spielersperre ist ein wichtiges und sinnvolles Instrument zum Schutz der Spieler*innen und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht. Sie wird von vielen Betroffenen als Unterstützung auf dem Weg in die Glücksspielabstinenz genutzt.

Mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 ist die Einrichtung einer spielformübergreifenden Sperrdatei verbunden. Damit besteht jetzt die Möglichkeit der umfassenden Selbst- und Fremdsperre für alle Glücksspiele mit hohem Suchtpotenzial:

  • Geldspielgeräte und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen und Gaststätten 
  • Sportwetten (online und in Wettvermittlungsstellen)
  • Lotterien, die häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet werden
  • Glücksspiele in Spielbanken
  • Pferdewetten im Internet
  • Online-Casinospiele
  • Online-Poker
  • virtuelle Automatenspiele im Internet
  • Lotterien, die der gewerblichen Spielvermittlung entsprechend § 3 Abs. 8 GlüStV 2021 unterliegen.

Kompakte Informationen und die Sperrformulare zum Download finden Sie auch auf unserer Schwerpunktseite zur Spielersperre

Häufig gestellte Fragen (FAQ) für Spieler*innen zum Spielersperrsystem OASIS GlüStV 2021 stehen auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Darmstadt zur Verfügung.

Online-Glücksspiele

Seit Inkrafttreten des Staatsvertrags zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021) können in Deutschland auf Antrag Konzessionen für Online-Casinospiele, Online-Poker, virtuelle Automatenspiele sowie Online-Sportwetten erteilt werden. Glücksspiele im Internet bergen ein besonderes Gefahrenpotenzial: Zum einen ist der Zugang zu ihnen niedrigschwellig über verschiedene Endgeräte und rund um die Uhr möglich. Zum anderen bleiben Online-Glücksspieler*innen weitgehend anonym und unterliegen keinerlei sozialer Kontrolle. Gerade Jugendliche sind empfänglich für diese Angebote. Sie schätzen die Gewinnchancen und Verlustrisiken oft falsch ein und glauben - eher als Erwachsene - das Ergebnis von Glücksspielen beeinflussen zu können.

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Kontaktbeschränkungen, die zu temporären Schließungen der Spielstätten vor Ort führten, gewannen das Internet und damit auch Online-Glücksspiele an Bedeutung. Bereits seit einigen Jahren sprechen Glücksspielanbieter mit gezielten Werbestrategien neue Zielgruppen an, verharmlosen ihre Angebote als reizvolle Alltags- und Freizeitbeschäftigung und wecken unrealistische Gewinnerwartungen. Auch die Mitwirkung prominenter Personen trug zur Attraktivität dieser Werbung bei. Vor dem Hintergrund der massiven Werbung während des Lockdowns veröffentlichte der Fachbeirat Glücksspielsucht im Mai 2020 Empfehlungen zu Glücksspielwerbung während der Corona-Pandemie.

Auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrags 2021 dürfen Anbieter*innen in weitaus größerem Umfang als bisher für ihre Glücksspiele werben und Sponsoring betreiben.   

Regulierung von Online-Glücksspielen

Die Regulierung des länderübergreifenden (Online)-Glücksspiels liegt im Zuständigkeitsbereich der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) mit Sitz in Sachsen-Anhalt. Diese wird ab 01.01.2023 einen Großteil ihrer im Glücksspiel­staatsvertrag (GlüStV 2021) beschriebenen Aufgaben wahrnehmen.  Bis dahin sind im Rahmen von Übergangsfristen die Glücksspielaufsichtsbehörden verschiedener Bundesländer zuständig.

Eine regelmäßig aktualisierte Whitelist der GGL enthält alle Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen, die über eine Erlaubnis nach dem GlüStV 2021 verfügen.  

Seit dem 01.07.2022 geht die GGL bereits gegen unerlaubte Glücksspielangebote im Online-Bereich und die Werbung dagegen vor. Um illegale Handlungen im Online-Glücksspielbereich frühzeitig aufzudecken, hat sie ein digitales Hinweisgebersystem eingerichtet.